Fakten zum Thema „einmal Babys haben“

Was auf dieser Seite folgt ist an all diejenigen gerichtet, die sich einen Rammler und eine Häsin kaufen um “nur mal so” Nachwuchs zu haben, “weil kleine Babys ja sooo süß sind”. Ich habe lange überlegt, ob ich einen solchen Artikel auf meiner Homepage veröffentlichen soll oder nicht. Durch die große Zahl der Anfragen welche ich bekomme von Leuten, die unbedingt auch nur einmal Jungtiere wollen und danach “den Rammler sofort kastrieren lassen, großes Ehrenwort!” habe ich mich nun doch dazu entschlossen. Meine Zuchtkollegin Tanja Pscherer, die schon länger züchtet und auch viele Erfahrungen gemacht hat – positiv wie negativ – hat mir freundlicherweise erlaubt, folgende Texte und Bilder von ihrer Seite zu kopieren. Mit der Verbreitung des Artikels möchten wir aufklären und auch abschrecken. Zucht ist nicht so einfach wie es aussieht, und auf folgende Bilder muss man vorbereitet sein. Manche schwerwiegenden Krankheiten und Missbildungen entstehen erst nach abgeschlossener Wachstumsphase.

Das Urheberrecht zu diesem Text und den eingefügten Bildern, letztes Foto ausgenommen, liegt bei Tanja Pscherer @ Hofbergwidder

BITTE schaut euch diesen Artikel NICHT MIT EUREN KINDERN AN!

  Nur für gesunde Mägen geeignet!!!!!

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Die meisten Menschen denken sich, “die vermehren sich wie die Kanickel, man nimmt einfach Rammler A und Häsin B, lässt sie kurz rammeln (im Bild sinds drei Mädels)

und als Ergebnis kommen zuckersüße kleine Kaninchen welche fröhlich die Welt erkunden.

Leider ist dem nicht immer so.

Auch Kaninchen können Probleme bei der Trächtigkeit oder der Geburt bekommen.

Es können deformierte Junge geboren werden,

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oder gar keine Jungen kommen, da die Häsin überträgt und diese nicht zur Welt bringen kann.

Hier möchte ich kurz die Geschichte der kleinen Marysha erzählen.

Marysha war eine meiner besten Zuchthäsinnen. Als ich aus privaten Gründen die Zucht für ein paar Monate einstellen musste, schickte ich sie zu einer Dame welche gerne ein paar Würfe aus ihr ziehen wollte.

Jedoch kam es nicht dazu.

Als ich wieder anfangen konnte zu züchten war die neue Besitzerin so lieb, und gab mir Marysha zurück.

Jedoch sollte ich noch warten bis ihr Wurf geboren und abgesetzt war, da sie hochträchtig war.

Pünktlich zum Termin baute sie wie immer zuverlässig ihr Nest, welches jedoch leer blieb.

Ich teilte der Besitzerin mit dass sie noch nie scheinträchtig war, und bei Scheinträchtigkeiten das Nest zwei Wochen nach Bedeckung gebaut wird.

Daher war ich mir sicher, dass Marysha tragend war und die Jungen nicht gebären konnte.

Mehrmals bat ich die Besitzerin, mit Marysha zum Tierarzt zu gehen und sie abzutasten da sie bestimmt tragend ist. Es wurde leider nicht darauf eingegangen.

Zwei Wochen später bekam ich Marysha per Express zugeschickt und leider bestätigte sich meine Vermutung.

Sie übertrug seit zwei Wochen!! Die (mittlerweilige) Vorbesitzerin war immer noch nicht einsichtig und meinte, Marysha müsste längst tot sein wenn sie Junge im Bauch hätte und glaubte mir nicht, jedoch konnte es sogar meine Mutter als Laie fühlen, dass sich Jungtiere im Bauch befanden.

Ohne zu zögern fuhr ich zu meiner Tierärztin. Wir spritzten ihr Wehenmittel und hofften, dass sie die Überreste der Jungtiere so rausbekam.

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Das half allerdings nichts mehr, weshalb wir uns zu einem Kaiserschnitt entschieden.

Schon als wir die Bauchdecke öffneten sahen wir, dass wir Marysha absolut nicht am Leben erhalten konnten und schläferten sie sofort ein. Die Gebärmutter war bereits am Vergammeln und war an der Bauchdecke, sowie an Teilen des Darms angewachsen. Das Öffnen der Gebärmutter ersparten wir uns.

Bereits mit bloßem Auge ist erkennbar, dass sich Jungtiere im Bauch befinden

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An der Bauchdecke festgewachsene Gebärmutter, aufgrund der Verwesung

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Die Gebärmutter sollte normalerweise dunkelrot fleischfarben sein…

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Solche schrecklichen Bilder können entstehen, wenn man uneinsichtig ist und sich nicht genügend mit dem was man tut auseinandersetzt…

Manchmal kommt es auch zu Cannibalismus.

Unerfahrene, kranke oder Häsinnen die das Umfeld nicht sicher für ihre Jungen finden, können die Jungtiere anknabbern, teilweise sogar Stückweise oder komplett auffressen.

Jungtier mit abgefressenen Genitalien

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Jungtier mit abgebissenem Hinterlauf

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Bei der Kaninchenzucht ist es unheimlich wichtig sich mit der Genetik auseinander zu setzen.

Sehr oft kommt es vor, dass aufgrund mangelnder Selektion (Zuchtausschluss), Kaninchen gesundheitlich durch Genfehler enorm eingeschränkt sind.

Daher ist es wichtig, solche Tiere aus der Zucht auszuschließen. Da es natürlich auch Kaninchen gibt, die diese Genfehler nicht zeigen, das heißt im Genotyp (nicht sichtbar) tragen, muss man herausfinden welches Kaninchen genfehlerfrei ist und welches nicht. Dies passiert entweder, wenn man zwei fremdblütrige (nicht verwandt) Tiere miteinander verpaart und zufällig ein Spaltpenis, verkrümmte Wirbelsäule, Zahnfehler, etc. auftritt, wodurch beide Elterntiere Träger dieses Genfehlers sind, da sie sich semidominat vererben, wodurch zwei Trägertiere notwendig sind um das Gen hervorzubringen.

Da braucht man aber schon einiges an Glück um zufällig zwei Trägertiere zu erwischen.

Ich arbeite mit Linienzucht (Inzucht). Hier werden Mütter mit Söhnen, Väter mit Töchtern, Onkel-Nichten, Enkel- Großeltern verpaart, um die positiven Erbeigenschaften wie Fellqualität, Körperbau und natürlich Vitalität, und gebärstarke Zuchttiere zu festigen. Das Aufdecken der Genfehler ist hier quasi nur Nebensache, die sich sowieso ergibt, aber schneller und sicherer ist als mit Fremdverpaarungen, bei welchen der Genfehler über Generationen unentdeckt weitervererbt werden können, und somit hunderte Nachkommen betroffen sein können. Ist ein Tier in einer Linienzucht betroffen, deckt es sich auf nachdem ein, zwei oder vll drei Rückverpaarungen (Mutter-Sohn, Geschwister, Vater-Tochter, etc.) gemacht wurden.

Somit kann man genau nachvollziehen von welchem Tier der Genfehler ausging, und alle betroffenen Tiere von der Zucht ausschließen (selektieren).

Die Zähne der Kaninchen wachsen ständig nach (ca. 2mm pro Woche) und müssen dadurch abgenutzt werden. Bei einem genetisch bedingten Zahnfehler wachsen die Zähne um ein vielfaches schneller, können sich dadurch nicht mehr richtig abnutzen und werden schief. Das Kaninchen ist nicht mehr fähig genug Nahrung aufzunehmen und magert ab. Die Zähne müssen oft wöchentlich gekürzt werden, was einen wahnsinnigen Stress für ein Kaninchen bedeutet.

Zahnfehler müssen aber nicht immer durch diesen Genetikfehler hervorgerufen werden.

Oftmals passiert es auch, dass ein Kaninchen aufgrund eines Infekts weniger Nahrung aufnimmt, dadurch die Zähne nicht abgenutzt werden und ebenfalls eine Zahnfehlstellung bilden. Hier kann man die Zähne korrigieren, den Infekt behandeln und nach mehrmaligen Korrekturen davon ausgehen, dass das Kaninchen wieder normal fressen kann und sich die Zähne wieder gleichmäßig abnutzen.

Auch Stürze führen oft zu Zahnfehlern, ebenso kann es zu kurzzeitigen Wachstumsfehlern kommen, während sich das Kaninchen in der Entwicklung befindet und einen komischen Wachstumsschub des Kiefers hat. Meist kommt es dabei zu Aufbissen der Schneidezähne, oder zu leichten Verschiebungen. Dies legt sich aber meist wieder.

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Bei dieser Häsin, welche ich mir zugekauft hatte um Satinzwergwidder sallanderfarbig zu züchten, war bereits bei der Ankunft zu erkennen, das sich die Zähne verschieben.

Zudem hatte sie tränende Augen was oft duch fehlerhaftes Wachsen der Zahnwurzeln zustande kommt.

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Die Wurzeln der Backenzähne wuchsen in die falsche Richtung und gruben sich in den Knochen.

Dadurch entstand ein eitriger Abszess, welcher uns nach dem Öffnen beim Tierarzt in den Kieferknochen blicken ließ, der bereits von Eiter ausgehöhlt war.

Belinda wurde erlöst.

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Auch bei dieser einjährigen Häsin war ein Aufbiss der Schneidezähne durch den Abrieb erkennbar. Später beim Tierarzt stellten wir eine massive Fehlstellung der Backenzähne fest, welche viel zu lang waren. Auch Xelina musste erlöst werden.

Was auch viele nicht wissen ist, dass man keine Schecke x Schecke Verpaarungen durchführen soll und es sogar tierschutzrechtlich verboten ist, da es zu letalen Zwergen führen kann.

Dies gilt nur für Mantel- und Punktschecken mit dem Gen “K” (gescheckt)

Holländerschecken haben das Gen “s” und sind nicht von dem Letalfaktor betroffen.

Ein letales Tier ist meist nicht überlebensfähig. Bei den Schecken erkennt man letale Kaninchen meist als Weißlinge, welche weniger als 10% Scheckung zeigen.

Den Letalfaktor gibt es aber auch bei Zwergen. Bei den Stehohrzwergen sollten immer langohrige mit kurzohrigen Kaninchen verpaart werden. Da die Kurzohrigen meist den Letalfaktor in sich tragen ist es wichtig diese nicht untereinander zu verpaaren, da es sonst zu überlebensunfähigen Jungtieren kommen kann. Meines Wissens sind solche Jungtiere nicht in der Lage Nahrung aufzunehmen und sterben meist nach kurzer Zeit.

Trotz dieser unschönen Erfahrungen welche zum Glück nicht die Regel sind, aber dennoch vorkommen, erfreut man sich über jeden gesunden Wurf der zur Welt kommt und über den Anblick glücklicher, zufriedener und gesunder!! Kaninchen die sich einfach nur pudelwohl fühlen .

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von Candy

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